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Axel Schäfer: Drei-Prozent-Hürde gekippt

Bildquelle: Sven Hoppe / fotolia
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Zum Wegfall der Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl erklärt der stellv. SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer: „Mit dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Drei-Prozent-Klausel wurde die von einer großen Mehrheit im Deutschen Bundestag („Europäischer Verfassungsbogen“) beschlossene Position nur von einer Minderheit der Richterinnen und Richter geteilt. Deutschland ist jetzt der einzige EU-Mitgliedstaat, wo unterhalb einer Drei-Prozent-Hürde ein Sitz im EP erreicht werden kann.“

„Nach dem mehrheitlich gefassten Urteil der Karlsruher Richterinnen und Richter soll nun für ein Parlament mit außergewöhnlicher Stärke in der Gesetzgebung und Macht gegenüber der Europäischen Kommission – der faktischen und funktionalen Regierung – keine Sperrklausel mehr gelten.

Die Kehrtwendung der Verfassungsrichter ist nicht verständlich, denn in ihrem Beschluss vom 22. Mai 1979 (BVerfGE 51, 222) erachtete das Bundesverfassungsgericht gerade die Fünf-Prozent-Sperrklausel bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für verfassungsgemäß. Begründet wurde dies damals mit der Sorge um eine übermäßige Parteienzersplitterung im Parlament, die zu einer Einschränkung der Handlungsfähigkeit führt.

Entscheidungen zu Sperrklauseln beinhalten immer eine Abwägung zwischen Stimmengleichheit und Funktionsfähigkeit der jeweiligen Volksvertretung. Je mehr Bedeutung der Funktionsfähigkeit beigemessen wird, umso eher ist eine Ungleichgewichtung der Wählerstimmen zu rechtfertigen. Mit dem Verbot einer Sperrklausel behandelt die Mehrheit des Zweiten Senats das Europäische Parlament wie eine Gemeindevertretung, bei deren Wahl eine Sperrklausel unzulässig ist. Das wird dem Europäischen Parlament nicht gerecht.

Die Stellung des Europäischen Parlaments ist seit 1979 nicht schwächer geworden – ganz im Gegenteil: Der Vertrag von Lissabon hat es weiter gestärkt. Inzwischen hat es auch Befugnisse, die sich mit denen von Landtagen und dem Bundestag vergleichen lässt. Vor allem hat die maßgebliche Veränderung der Verhältnisse im Europäischen Parlament seit
2012 durch die Aufstellung von Spitzenkandidaten der Parteifamilien für die Wahl 2014 den Machtzuwachs der Straßburger Abgeordneten deutlich unterstrichen.

Die SPD-Bundestagsfraktion bedauert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die wir aber zu respektieren haben. Wir werden weiter politisch für die klaren Mehrheiten kämpfen, die Europa braucht, um funktionieren zu können.

Das Europäische Parlament ist die einzige supranationale Volksvertretung weltweit – sie gilt es nicht abzuwerten, sondern aufzuwerten.“